Interview mit Brigitte und Herbert Meyer
SC Wörthsee-Chronik-Serie – Teil 5
Interview mit Brigitte und Herbert Meyer
„Ein Leben für das Ehrenamt!“
Nach Rudi Gutjahr, Dirk Marsen, Ingrid Tippelt, Dr. Dr. Albrecht Deyhle und Herbert Gerber habe ich am 8. Mai 2020 eines unserer „Vereins-Ehepaare“ interviewt, nämlich Brigitte und Herbert Meyer. Beide waren über fast 40 Jahre für den SC Wörthsee in verschiedenen Ämtern tätig. Sie sind ein Beispiel für vorbildliche Mitarbeit im Ehrenamt, ohne die kein Verein existieren kann.
Brigitte und Herbert Meyer halten seit nahezu 40 Jahren dem SC Wörthsee die Treue. Sie sind 1977 aus Nürnberg-Feucht via München nach Wörthsee gezogen. Ein Jahr nach der Geburt ihrer Tochter Julia fühlte sich Brigitte wieder „bereit“ für den Sport und trat am 1.11.1980 dem SC Wörthsee bei. Herbert folgte ihr etwas später am 1.1.1982. Sport und Bewegung waren und sind bis heute für beide ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens.
Brigitte startete in der Damengymnastik. Beide machten beim „berüchtigten“ Konditions-Training von Werner Kastiunig mit und betrieben Leichtathletik. Außerdem trainierten sie intensiv für das Sportabzeichen. Einmal fehlte Brigitte nur ein einziger Zentimeter zur Abnahme beim Kugelstoßen. Sie ärgerte sich so sehr darüber, dass sie den Sportabzeichen-Wettbewerb für sich als „beendet“ erklärte und versuchte es nie wieder. Dieses Beispiel zeigt wie resolut und entschlossen Brigitte schon damals war 🙂
1982 fing Brigitte als Helferin beim Kinderturnen an, etwas später wurde sie Übungsleiterin und unterrichtete Damen-Gymnastik. Häufig vertrat sie damals den sehr geschätzten Übungsleiter Werner Kastiunig, der öfters beruflich in die USA musste. Brigitte machte im Laufe ihrer Kariere viele Schulungen und Fortbildungen beim Bayrischen Landessportverband und anderen Verbänden, um immer Up-to-date zu sein.
Als sie 1989 nach der „Babypause“ wieder anfing in ihrem Beruf als Personalsachbearbeiterin in einer evangelischen Pflegeeinrichtung in Starnberg zu arbeiten, war die 3-fache Mutter auch weiterhin als Übungsleiterin aktiv. Bald wurde sie auch Abteilungsleiterin für die „Mega-Abteilung“ Damengymnastik, Kinder- und Mädchenturnen, Skigymnastik und Freizeitsport/Ballspiele für Jugendliche. Sie übernahm gerne Verantwortung, wenn sie gefragt wurde und wollte mitgestalten und organisieren.
Neben dem Sport hat sich Herbert auch im Vorstand verdient gemacht. Ganz „nebenbei“ hatte es der Bankkaufmann mit seiner ruhigen und sachlich fränkischen Art zum 2. Vorsitzenden gebracht. Ab wann genau weiß Herbert heute nicht mehr. „Es war aber in der 2. Hälfte der 80er Jahre als Werner Kaufmann 1. Vorsitzender (1981 bis 2000) des Vereins war“, besinnt er sich. Ein Highlight für Herbert war die Organisation der 40 Jahr-Feier des SC Wörthsee im Jahre 1989. „Es fanden schöne Events in diesem Jahr statt mit einem großen Festzelt auf dem Fußballplatz im Juni, einem „Jugendnachmittag“ in der Sporthalle im Juli und einem Festabend im Strandhotel Fleischmann im Oktober“, erinnert sich Herbert. „Es wurden auch alle örtlichen Vereine eingeladen, was gut für die dörfliche Gemeinschaft ist“, ergänzt ihn Brigitte. „Ein Mitglied mussten wir allerdings in die Schranken verweisen, als dieser eine teure Band, die ca. 20% unseres Jahresbudgets gekostet hätte, heuern wollte“, erzählt der „sparsame“ Franke.
„Nach dem Wimbledon Sieg von Boris Becker 1986 gab es Ende der 80er Jahre einen irren Tennis-Boom auch in Wörthsee und man wollte sogar eine Tennishalle bauen“, erinnert sich Brigitte. Heute ist man wohl froh darüber, dass man das Geld nicht investiert hat, denn viele Plätze in der Umgebung liegen „danieder“. Brigitte hat bis vor wenigen Jahren noch Tennis gespielt. Ihre „neue Hüfte“ zwang sie aber zum Aufhören.
Der 7. Mai 1993 war ein wichtiger Tag für den SC Wörthsee und im Hause Meyer. Es war wieder einmal Mitgliederversammlung und turnusgemäß standen Neuwahlen an. Es alles lief wie sonst und alle Vorstandsmitglieder wurden in ihren Ämtern bestätigt. Als es zur Wiederwahl des 2. Vorsitzenden kam, verwehrte Herbert Meyer überraschend seine Zustimmung. „Nicht aus Ärger oder Amtsmüdigkeit, sondern – so erklärte er in Fränkisch – weil er einen besseren Kandidaten habe: seine Frau.“, steht in den Vereinsnachrichten von damals nachzulesen. Heute begründet Herbert dies mit dem zunehmenden Interesse für die Blaskapelle Wörthsee, in der er damals auch Gründungsmitglied war. Vorstand und Versammlung waren damals geschockt. Gesagt getan, Brigitte, die man bereits gut als Übungsleiterin kannte, ließ sich nicht lange bitten und wurde von der Versammlung zur neuen 2. Vorsitzenden gewählt. Ein Vorgang, den es in der Geschichte des SC Wörthsee bis dato noch nicht gab.
Herbert Meyer ist seit 2002 bis heute Kassenprüfer des Vereins und unterstützt den SCW zusammen mit seiner Frau bei allen Veranstaltungen wie Herbstfest, Kuhfladenroulett, Landkreislauf, Triathlon etc.
Brigitte hatte von 1993 an noch eine Rolle mehr inne: sie war 2. Vorsitzende und daneben Spartenleiterin, Übungsleiterin, Sportlerin und berufstätige Mutter. Hut ab kann man da nur sagen!
Die Jahre vergingen und in der Spitze der Vorstandschaft bahnte sich ein Wechsel an. Der langjährige erste Vorsitzende Werner Kaufmann trat überraschend 2000 zurück, wegen „finanzieller Ungereimtheiten“ wie die Süddeutsche damals schrieb. Brigitte Meyer war nicht in diese „Ungereimtheiten“ verwickelt und sich ihrer Verantwortung bewusst. Sie übernahm kurzerhand kommissarisch das Amt der 1. Vorsitzenden. Brigitte war seinerzeit die erste weibliche Vorsitzende des SC Wörthsee und wohl auch im ganzen Landkreis und das bei einem als Fußballverein gegründeten Sportclub.
Einer ihrer größten Wünsche war der Neubau eines neuen Sportlerheims mit einem Sportzentrum.
„Das war ja „asozial“ da unten“, sagt sie in ihrer immer sehr ehrlichen und direkten Art. „Ich bin an dem Thema immer drangeblieben und habe 2x pro Jahr beim Gemeinderat nachgehakt.“ Als 1. Vorsitzende lud sie den Gemeinderat zu Kaffee und Kuchen ins alte „Sporthäusel“ ein, damit sich alle ein Bild vor Ort machen konnten. Die Gemeinde verstand die Situation, konnte aber nichts geben, denn man hatte nach wie vor kein Geld in der Kasse.
Nach zwei Jahren als 1. Vorsitzende war der Gegenwind im Verein, möglicherweise durch die Fußballer forciert, zu stark für sie. Als „Nichtfußball-Anhängerin“ übergab sie das Zepter im April 2002 an Herbert Gerber, der bis dato als 2. Vorsitzender gut mit ihr zusammengearbeitet hatte und aus der Fußball-Abteilung kam. 2. Vorsitzender wurde Michael Flohr. Brigitte machte als 3. Vorsitzende weiter. Ein paar Jahre später rotierte sie wieder zur 2. Vorsitzenden und konnte so weiterhin ihre Ideen in den Verein einbringen.
Der SC Wörthsee stellte zu dieser Zeit als einer der ersten Vereine beim Starnberger Landkreislauf ein Frauenteam, das mit den Ausnahmeläuferinnen Ingrid Tippelt, Eva Huber, Roswitha Kastiunig u.a. als Siegerteam hervorging. „Daraus entwickelte sich auch eine gemischte Lauftruppe, die jahrelang sonntagsfrüh lief“, erzählt sie. Weiterhin wurde von Walter Hanke und Werner Kastiunig ein Wörthsee-Triathlon ins Leben gerufen. Die Funkstreife München, die heute den bekannten Wörthsee-Triathlon ausrichtet, kam erst später dazu. Brigitte hat auch Jazztanz für Jugendliche ins Leben gerufen. „Es dauerte immer ca. ¼ Jahr bis eine Idee umgesetzt war“, sagt sie. Die Übungsleiter/innen mussten erst überzeugt werden und meist habe sie neue Übungsleiter bei den Mami’s von den Kindern gefunden.
Das Familienfest wurde von ihr ins Leben gerufen. Stepp-Aerobic und Senioren-Gymnastik wurden eingeführt. „Am Anfang haben alle gelacht, aber dann lief es“, schmunzelt sie heute.
Auch den Volleyball hat Brigitte zusammen mit Eva Schmitt und Bernhard Korilla als Trainer beim SC Wörthsee ins Leben gerufen. „Volleyball rockt!“ heißt es heute jeden Montag in der Schulturnhalle ist seitdem eine wachsende Bewegung und eigene Abteilung des SCW geworden.
„Alle haben auf den Hauptversammlungen immer tolle Ideen, aber niemand meldet sich“, sagt sie. Die Meyers gehörten nicht zu dieser Gattung Mensch, konnten nicht „nein“ sagen und packten immer mit an. Der Bau des Albrecht-Deyhle-Hauses war für sie die Krönung und auch ein Zeugnis ihres Engagements für den Verein.
Nach 21 Jahren im Vorstand und noch länger Zeit als Sparten- und Übungsleiterin hat Brigitte im April 2014, „von heute auf morgen“ alles abgegeben und auf der Generalversammlung nicht mehr kandidiert. Es war Zeit für einen Wechsel und für neue Ideen und sie wollte auch mal wieder was anderes machen und Zeit haben zum Tennis, Wandern und Reisen. Ihre „Mega-Abteilung“ wurde aufgeteilt in ADH und Turnhalle.
„Ich hatte bei den Gymnastikstunden schon die Kinder von denen, wo ich die Mami’s schon gehabt habe. Da merkte ich, dass es Zeit für „frisches Blut“ war“, sagt Brigitte. Wenn sie heute bei Edeka einkauft, wird sie immer noch als „Bri“ von „ihren Kindern von damals“ angesprochen, die heute natürlich alle erwachsen sind.
Über die Zusammenarbeit mit Herbert Gerber hat sie nur gute Erinnerungen. Herbert war immer korrekt, hatte ein Supernetzwerk mit den Behörden und stand hinter dem Verein. Manchmal bremste Herbert Gerber sie auch, wenn sie zu forsch war und vielleicht zu viel wollte, resümiert sie heute.
„Albrecht Deyhle war ebenfalls ein „Glücksfall“ für den Verein“, sagt Brigitte. „Er hat uns festgenagelt „mit Terminen“ und setzte Ziele, wie man es von einem Controller gewohnt war. Das Vertrauen war da und der Förderverein arbeitete sehr gut mit dem Vorstand zusammen, da beide Gruppen „sehr homogen“ waren.“
Für ihre hervorragende und lange Arbeit im Ehrenamt haben Brigitte und Herbert verdientermaßen viele Ehrungen erhalten: u.a. die goldene, silberne und bronzene Ehrennadel vom BLSV. 2013 wurde Brigitte sogar mit Ehrenamtspreis des Sportbezirks Oberbayern ausgezeichnet.
Auch heute noch betreiben die Meyers viel Sport. Brigitte geht 3x pro Woche zum SCW: montagfrüh zum Energydance, am Dienstag zum Senioren-Sport und am Freitag zum Rückenfit.
Mittwochs gehen beide mit dem DAV in die Berge. Außerdem ist Brigitte noch ehrenamtlich für den Seniorenbeirat Wörthsee tätig, für den sie am Montagfrüh einen Nordic Walking-Kurs leitet.
Am Wochenende kümmern sich die Beiden um Freunde und Familie und erholen sich.
Ansonsten reisen die Meyers sehr viel und gerne durch Deutschland und um die weite Welt. Und sie machen seit 30 Jahren eine „Schweizwanderung“ von Hütte zu Hütte.
Neben der Kassenprüfung für den SC Wörthsee fungiert Herbert seit 2008 als „Feldgeschworener“ für die Gemeinde und überprüft alle Vermessungen von Bauten und Straßen. „Dies ist das älteste Ehrenamt in Bayern“, ergänzt er. Darüber hinaus ist er noch Beirat für die Wochentags-Wanderer beim DAV 5 Seen-Land.
Welche Lebensweisheiten haben die Beiden für uns?
Brigitte sagt, es sei ihr wichtig „nie stehen zu bleiben und nie nur eine Fahrbahn benutzen, es gibt viele Abzweigungen“. Sie war ständig auf der Suche nach Neuem und wollte zusätzlich zu den „Klassikern“, die es natürlich immer geben soll, weitere Sportmöglichkeiten anbieten. So entstanden auch Einradfahren, Energy Dance, Bauchtanz, Stepp Aerobic u.v.m.
Herbert‘s Motto ist ebenso klar und prägnant: „Wer rastet, der rostet“ und „wer dabeibleibt, bleibt dabei.“
Ein Thema aus dem Gespräch mit den Beiden erscheint dem Autor noch wichtig:
Nach so langer Zeit im Ehrenamt wäre es schön, wenn der Verein verdiente und langjährige „Ehrenämtler“ weiterhin in das Vereinsleben integriert. Sie haben viel für den Verein geleistet und verfügen immer noch über eine Menge Wissen und eine viel Erfahrung. „Sie gehören schließlich zur Biografie des Vereins!“, sagt Brigitte. Ein regelmäßiger Stammtisch im ADH wäre vielleicht eine gute Möglichkeit …..:-)
Wir danken Brigitte und Herbert Meyer, die übrigens seit 55 glücklich verheiratet sind, ganz herzlich für den „kleinen Ausflug in die Geschichte des SC Wörthsee“. Das Interview habe ich am 8. Mai 2020 mit sicherem Abstand von 1,50m im Garten der Meyers geführt.
Wir wünschen unseren ehemaligen Vorstandsmitgliedern alles Gute und weiterhin beste Gesundheit!